ZWISCHEN KUNST UND DEKORATION –
THE PATTERN & DECORATION MOVEMENT

ALEXANDRA WENDORF

20. Mai 2024

Die Pattern an Decoration (P&D)-Bewegung, die in den späten1970er und frühen 1980er Jahren in den USA entstand, stellt eine Kunstrichtung dar, die sich durch die Wertschätzung dekorativer und ornamentaler Elemente auszeichnet. Die Bewegung stellte eine bewusste Abkehr von der damals vorherrschenden minimaoistischen und konzeptuellen Kunst dar und bezog sich stattdessen auf eine Vielzahl von Inspirationsquellen, darunter traditionelles Kunsthandwerk, südamerikanische und afrikanische Kunst, sowie indigene und historische Dekorationsstile.

Die P&D-Bewegung entwickelte sich als Reaktion auf die strenge Formalität und emotionale Zurückhaltung des Minimalismus sowie auf die Entmaterialisierung der Kunst im Konzeptualismus. Die Künstlerinnen und Künstler der P&D-Bewegung versuchten, die Grenzen zwischen hoher und angewandter Kunst zu durchbrechen, indem sie Techniken und Materialien des traditionellen Kunsthandwerks und des Kunstgewerbes aufgriffen. Sie bezogen sich auf eine Vielzahl von Quellen, darunter islamische Fliesenmuster, byzantinische Mosaike, orientalische Teppiche und viktorianische Tapeten.

Künstler wie Joyce Kozloff, Robert Kushner und Miriam Schapiro gehörten zu den führenden Persönlichkeiten der P&D-Bewegung. Diese Künstler experimentierten mit verschiedenen Medien wie Textilien, Keramik, Papier und Malerei, um reich verzierte und farbenfrohe Werke zu schaffen. Miriam Schapiro beispielsweise kombinierte traditionelle weibliche Handarbeitstechniken wie Quilten und Sticken mit Malerei, um Werke zu schaffen, die sowohl eine feministische Botschaft als auch eine ästhetische Wertschätzung von Mustern und Ornamenten vermitteln.

KULTURELLE EINFLÜSSE & INSPIRATIONEN

Die P&D-Bewegung ließ sich stark von nicht-westlichen Kunsttraditionen und historischen dekorativen Künsten inspirieren. Die Künstler erforschten die kulturellen, sozialen und politischen Dimensionen von Dekoration und Muster und betrachteten diese oft als Ausdruck kollektiver Identität und Erinnerung. Die Bewegung war auch eng mit dem Feminismus verbunden, da viele Künstlerinnen die traditionell von Frauen ausgeführten dekorativen Künste aufwerteten und in den Kontext der zeitgenössischen Kunst stellten.

Die Pattern and Decoration-Bewegung stieß in der Kunstwelt sowohl auf Bewunderung als auch auf Kritik. Während einige Kritiker und Kunstwissenschaftler die Bewegung für ihre lebendige Ästhetik und die Herausforderung traditioneller Kunstgrenzen lobten, sahen andere in ihr eine oberflächliche Feier von Ornamentik ohne tiefergehende konzeptuelle oder kritische Bedeutung. Trotz dieser Kontroversen hat die P&D-Bewegung dazu beigetragen, die Auffassungen von Kunst und Ästhetik zu erweitern und den Wert und die Bedeutung von Dekoration und Muster in der zeitgenössischen Kunst neu zu bewerten.

VERBINDUNG VON KUNST & KUNSTHANDWERK

Die Wirkung der Pattern and Decoration-Bewegung lebt in der Kunstwelt weiter, wobei ihre Einflüsse in verschiedenen zeitgenössischen Kunstformen sichtbar sind. Die Bewegung hat den Weg für eine generationenübergreifende Auseinandersetzung mit dekorativen und ornamentalen Praktiken in der Kunst geebnet und die Tür für eine inklusivere Anerkennung verschiedener Kunstformen und -traditionen geöffnet. Ihr Einfluss erstreckt sich auch auf die Bereiche Design, Mode und Innenarchitektur, wo Muster und Dekoration weiterhin eine zentrale Rolle spielen.

MIRIAM SCHAPIRO

Miriam Schapiros Werk ist eng mit der Pattern and Decoration (P&D)-Bewegung und der Allover-Kunst verbunden. Schapiro, eine Pionierin der Muster- und Dekorationsbewegung der 1970er Jahre, nutzte textile Techniken in ihren feministisch orientierten „Femmages“, um starre Rollenbilder und die Marginalisierung weiblicher Handarbeit zu hinterfragen. In der Darstellung des Fächers findet sie eine Form, die kulturelle und zeitliche Grenzen überbrückt und die Hierarchie zwischen hoher und niedriger Kunst herausfordert. Die rhythmische Symmetrie und lebhaften Kontraste ihrer Arbeiten bilden ein stilpluralistisches Patchwork, das Bezüge zu nichtwestlichen Kunstformen herstellt und gängige Geschlechterzuweisungen sowie künstlerische Wertungen überwindet. Schapiro verwendet traditionelle, oft als weiblich angesehene Handwerkstechniken und Materialien wie Stoffe, Papier und Näharbeiten, um komplexe, üppige und raumgreifende Kompositionen zu schaffen, die sowohl visuell als auch inhaltlich reichhaltig sind.

Mit ihrem Allover-Ansatz, bei dem das gesamte Bildfeld gleichmäßig mit Bildelementen gefüllt wird, durchbricht Schapiro die traditionellen Grenzen zwischen freier und angewandter Kunst. Ihre Arbeiten wie „Anatomy of a Kimono“ zeigen eine intensive Auseinandersetzung mit Mustern und Texturen, die den gesamten Bildraum einnehmen und damit den für die P&D-Bewegung charakteristischen Allover-Effekt aufgreifen.

Schapiros Engagement in der P&D-Bewegung und in der feministischen Kunst war bahnbrechend, da sie die Anerkennung dekorativer und als weiblich angesehener Kunstformen erhöhte und dazu beitrug, die Konzepte von Kunst und Dekoration neu zu definieren. Sie brachte feministische Themen in die P&D-Bewegung ein und betonte die Bedeutung des Dekorativen als legitime Form des künstlerischen Ausdrucks, was sowohl in der feministischen Kunst als auch in der P&D-Bewegung eine wichtige Rolle spielte.

Miriam Schapiro, Connection, 1978, © WikiArt
Joyce Kozloff, Agrigentor, 1070, © WikiArt

JOYCE KOZLOFF

Joyce Kozloff, eine weitere prominente Künstlerin der Pattern and Decoration (P&D)-Bewegung, hat in ihrem Werk die Grenzen zwischen angewandter und bildender Kunst ausgelotet. Ihre Arbeiten sind tief in den Prinzipien der P&D-Bewegung verwurzelt, die eine Wiederbelebung und Neubewertung dekorativer Muster und ornamentaler Formen in der zeitgenössischen Kunst anstrebt. Kozloffs Werke, die häufig die Form von Mosaiken, Keramiken und großflächigen Installationen annehmen, zeichnen sich durch komplexe Muster und Farben aus, die sowohl traditionelle als auch zeitgenössische Einflüsse widerspiegeln.

Kozloffs Engagement für die P&D-Bewegung zeigt sich in ihrer kontinuierlichen Erforschung und Verwendung von Mustern, die kulturelle, historische und geografische Bezüge herstellen. Indem sie diese Elemente in ihre Kunst einfließen lässt, schafft sie Werke, die nicht nur ästhetisch ansprechend sind, sondern auch zu einer kritischen Auseinandersetzung mit kulturellen Identitäten und historischen Narrativen anregen. In ihren Arbeiten spiegelt sich das zentrale Anliegen der P&D-Bewegung wider, die hierarchische Trennung zwischen hoher und dekorativer Kunst in Frage zu stellen und eine breitere Anerkennung des Dekorativen in der Kunstwelt zu fordern.

Indem sie historische und kulturelle Muster in ihre Kunst integriert, erweitert Kozloff den Diskurs der P&D-Bewegung, indem sie zeigt, wie dekorative Elemente tiefe kulturelle und politische Bedeutungen tragen können. Ihre Arbeiten, die häufig im öffentlichen Raum zu finden sind, betonen die demokratisierende Kraft der Kunst und das Potenzial des Dekorativen, ein breites und vielfältiges Publikum anzusprechen und zu engagieren.

Insgesamt steht Joyce Kozloffs Oeuvre für eine kontinuierliche Erforschung und Hommage an das Dekorative, das im Zentrum der Ideale und Ziele der Pattern and Decoration-Bewegung steht. Ihre künstlerische Praxis, die das Visuelle und das Konzeptuelle miteinander verbindet, trägt dazu bei, die Relevanz und den Einfluss der P&D-Bewegung in der zeitgenössischen Kunstlandschaft zu unterstreichen.

weiterführende Informationen/BILDNACHWEISE

Coverbild / Titelbild:

Miriam Schapiro, The Golden Robe, 1979, © WikiArt / Joyce Kozzloff, Striped Cathedral, 1977, © WikiArt

 Smithsonian American Art Museum

Sammlung mit Werken von Miriam Schapiro

 Joyce Kozloff

Website der Künstlerin mit vielen Abbildungen und Texten zu ihrem gesamten Oeuvre.

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